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Seealpen KW35/2000
From: Martin Theodor Ludwig  
 
Hallo allerseits in drm, GUS und MMM: 
 
so, hier bin ich wieder mit Bericht von einem Urlaub, der inzwischen 
einige Wochen zurückliegt. Wie dies eigentlich schon seit 2 Jahren 
geplant war, standen in der Woche zwischen August und September 2000 die 
französischen und italienischen Alpen auf dem Programm, und dort 
vorrangig Schotterpisten. Aus diesem Anlaß blieb meine Vmax daheim und 
kam statt dessen meine GSX400E zum Einsatz (und auf selbiger der zweite 
Radsatz auf dem ich mit den Conti TKC80 grobstollige Reifen draufhabe). 
Die beiden anderen Mitfahrer waren Holger Issle (R1100GS mit TKC80) und 
Roland Merkt (KTM620LC4), die direkt in der GUS ansässig sind. 
 
Mein Aufbruch war am Freitag einigermaßen frühmorgens. Erstmal ging es 
direkt von München nach Lindau und weiter an Zürich vorbei. Dort sollte 
das Zusammentreffen mit meinen Mitfahrern stattfinden. Es ergab sich, 
daß ich etwas später dran war als geplant, und daß der Anrufversuch, wo 
ich denn sei, genau bei der Einfahrt in einen längeren Tunnel auf dem 
Handy ankam. Bis ich anhalten und zurückrufen konnte, war ich auch schon 
wenige Meter vor der Treffpunkts-Raststätte. 
 
Es zeigte sich recht bald, daß bei dreistelligen Geschwindigkeiten die 
TKC80-Bereifung nicht wirklich für die GSX400E gemacht ist, aber nach 
deutlicher Erhöhung des Reifendrucks wurde das Fahrverhalten merklich 
besser. An Bern und Martigny vorbei ging es weiter über den Col de la 
Forclaz, um für den Rest des Tages noch den Col de la Madeleine aufs 
Programm zu setzen und dort eine Unterkunft zu suchen. Insgesamt umfaßte 
dieser Anfahrtstag 700 Kilometer. 
 
Am Samstag ging es richtig los mit den großen Pässen: über den Col du 
Télégraphe zum Col du Galibier. Dort waren dieses Mal (im Gegensatz zu 
meiner Julitour) keine zigtausend Radfahrer unterwegs. Statt dessen 
gelang es mir (bergauf!) mit meinen mickrigen 27PS, eine Vierergruppe 
aus einer Vmax, einer Ducati und zwei VFRs herzubrennen (ja Dirk, ich 
weiß schon ;-) - um so verwunderlicher, als es den Kennzeichen zufolge 
Einheimische mit mutmaßlich genauer Streckenkenntnis waren. 
 
Nach dem Col d'Izoard war der erste Versuch des Schotterstreckenfindens 
nur teilweise erfolgreich. Dort wollten wir über Risoul 1850 offroad zum 
Col du Parpaillon, sind letztlich aber "nur" einige nette ;-) Wanderwege 
und rote Skipisten gefahren. Um keinen zu großen Umweg über langweilige 
Pässe und eine eher uninteressante Parpallion-Nordrampe zu fahren, haben 
wir den Col du Parpaillon (wieder eine Schotterstrecke, in sehr gutem 
Pflegezustand) von Süden her genommen und sind durch den stockfinsteren 
und teilweise unter Wasser stehenden Tunnel hin und zurück. Roland hat 
hier einen entgegenkommenden Geländewagenfahrer erschreckt, indem er das 
Licht an seiner KTM erst mitten im Tunnel eingeschaltet hat.  
 
Als Hauptproblem erwies sich dabei nicht der Streckenzustand (so fand 
sich auf halber Höhe der Südrampe auch ein weißes (sic!) italienisches 
SLK-Cabrio), sondern ein unterwegs am Weg lauerndes Rudel von größeren 
Hunden. Auf dem Rückweg war nur noch einer davon zu sehen und jaulte bei 
meiner Vorbeifahrt leise in meine Fahrtrichtung. Ich durfte also 
erwarten, daß jetzt gleich die anderen Viecher aus ihrer Versenkung 
kamen und mich aufheitern wollten, aber dann ließ sich doch keiner mehr 
blicken. Entsprechend dem nennenswerten Schotteranteil und einigen 
Orientierungspausen kamen an diesem Tag nur 258 km zusammen. 
 
Am Sonntag (253 km) ging es zuerst auf den Col de Restefond und Cime de 
la Bonnette (mit 2802m der höchste Alpenpaß, jedenfalls wenn man von 
beiden Seiten asphaltierte Straßen haben will), um dort eine kleine 
Parallelstrecke zu suchen. Der erste Anlauf endete auf der Südrampe an 
einer gesperrten Strecke (die zudem wie später festgestellt falsch 
gewesen wäre), aber nach einigen Kilometern Rückfahrt fanden wir den 
gewünschten Weg über den Col de la Moutière (der Einstieg ist kurz 
oberhalb der Mannschaftsunterkunft auf der Nordrampe). 
 
Nach einer grobschottrigen Stichfahrt Richtung Jalourges ging es weiter 
nach Süden als zunächst geplant, bis sich endlich fast am Stadtrand von 
Nizza eine offene Tankstelle fand. Die D2565 nach Lantosque in einem 
engen tief eingeschnittenen Tal kann es unbedingt vom Fahr- und Land- 
schaftseindruck mit den hohen Pässen aufnehmen. Nach einigen kleineren 
Pässe ließen wir es am Col de Braus richtig sausen. Am Ende der Abfahrt 
mußte Roland allerdings erst mal seine Bremsen abkühlen lassen, denn er 
konnte seinen Bremshebel ohne Widerstand bis zum Lenker durchziehen.  
 
Gegen Abend erreichten wir den Col de Turini, wo wir noch die Rundfahrt 
um Mille Fourche anhängten. Dort übernachtete auch ein halbes Dutzend 
andere Moppedfahrer aus dem eher norddeutschen Raum, die "nur noch mit 
zwei Vmäxen" unterwegs waren (Nanu? "ja, der mit der dritten Vmax hatte 
einen Unfall und wartet darauf, daß wir ihn auf dem Rückweg im Kranken- 
haus wieder abholen") und betreffs ihrer vorigen Etappe hartnäckig von 
"Briangkong" sprachen, was einen meiner Mitfahrer zu ebenso hartnäckigen 
internen Lästereien veranlaßte. 
 
BTW: heute wollte ich es einmal genau wissen und habe die benötigte Zeit 
von Jausiers bis zur Paßhöhe gestoppt, und zwar auf dem gleichen 
Streckenstück wie einige Wochen vorher mit meinem anderen (größeren) 
Mopped. Mit der GSX400E waren diese rund 20 Kilometer eine Sache von 27 
Minuten. Wie sich später herausstellte, hatte ich mit der Vmax auf eben 
dieser Strecke genau dieselbe Zeit benötigt. 
 
Am Montag betrug die gefahrene Entfernung nur noch 177 km. Auf der Fahrt 
über Breil Richtung Tende legten wir zunächst einen Abstecher Richtung 
Berghe ein, wo sich eine tolle Aussicht auf das Roya-Tal zum Tendapaß 
darbietet. Wenn man zur passenden Zeit kommt, sieht man sogar unter sich 
auf unterschiedlicher Höhe dreimal den Zug entlangfahren. Interessant 
war auch die Stelle, wo sich Bremsspuren langsam aber stetig dem talsei- 
tigen Straßenrand näherten und an einem Loch in der Mauer endeten ;-). 
 
Danach ging es über den Col Linaire auf die Ligurische Grenzkammstraße 
(eine insgesamt knapp 100 Kilometer lange Schotterpiste), von der heute 
das längste (nördliche) Teilstück unter unsere Räder kam. Bis Monesi war 
die Strecke fahrtechnisch eher anspruchslos, aber es rumpelt heftig. 
Kurz hinter Monesi fragten wir drei entgegenkommende Trialfahrer nach 
dem Streckenzustand und bekamen ihn als bewältigbar geschildert. 
Allerdings hatten die Trialfahrer zu diesem Zeitpunkt meine GSX400E noch 
nicht wirklich gesehen - wie mir meine Mitfahrer berichtet haben (ich 
selber habe in dem Moment leider in die andere Richtung geschaut), soll 
einer beim Anblick meiner im Tarnanzug dastehenden Kampfenduro[tm] erst 
gestutzt und dann einen Lachanfall bekommen haben. 
 
Wenn ich mich nun an meinen Bericht vom Juli erinnere, komme ich zu der 
Feststellung, daß ich damals mit der Vmax gerade noch rechtzeitig den 
Rückzug angetreten habe, bevor die Strecke wirklich heftig wurde (wer's 
kennt: mein Vmax-Wendepunkt war beim Col de la Vieille Celle in der 
Kurve, wo die Piste in überhängenden Fels gehauen ist). Mit der GSX400E 
bot die weitere Strecke zwar immer noch gelegentlich Anlaß zu redu- 
ziertem Tempo (wieso liegen ausgerechnet die gröbsten Schotterbrocken 
immer in den steilsten Abschnitten? ;-), aber ans Aufgeben dachte ich 
nicht im Geringsten. 
 
Interessant war hier die Beobachtung, daß die von recht neu aussehenden 
Schildern behauptete Streckenunterbrechung nicht auffindbar war. Ebenso 
war für uns nicht nachvollziehbar, warum (in einem Posting im Sommer) 
hier die Piste von 2 AT-Fahrern als sehr schwer geschildert wurde - 
aufgesetzt hat von uns im Gegensatz zur ihrigen Aussage keiner. Als 
weitere Beobachtung gibt es in sogar dieser Einsamkeit durchgehende 
Handy-Netzversorgung, solange man sich auf italienischem Gebiet aufhält. 
Auf französischem Gebiet hingegen sieht es diesbezüglich sehr mager aus, 
und bei den Forts am Tendapaß mußte ich mit einem italienischen GSM-Netz 
vorlieb nehmen, um von Frankreich nach Frankreich zu telefonieren. 
Unsere Fahrzeuge hatten wir bis hierher schon reichlich mit feinstem 
Endurospray überzogen. 
 
Aber wer glaubte, jetzt sei für diesen Tag das meiste geschafft, der 
hatte nicht mit der Abfahrt über Baisse de Peyrifique und Baisse d'Ourne 
gerechnet. Anfangs ging es noch ganz gut voran, aber dann kam grober 
tiefem Schotter, wo auch mit TKC80 das Wiederanfahren bisweilen mehrere 
Versuche erfordert. Anschließend bestanden etliche Kilometer aus grobem 
jahrzentealten Pflaster, welches sich durch herausragende und fehlende 
Steine auszeichnet, mit losem Kies garniert und steil bergab - teilweise 
war da nur noch langsames Rollenlassen mit beidseitiger Fußabstützung 
angesagt. Also eine echte Herausforderung für Sonntagscrosser! Die 
Gastgeberin in "meiner" Stammhütte war wohl sichtlich entsetzt, daß wir 
für die Strecke "nur noch schnell vom Tendapaß runter" die direkte Piste 
genommen und so unsere Ankunftszeit gegenüber der Prognose deutlich 
verzögert hatten. Dadurch bekam ich den Titel "Nachtgespenst" verliehen, 
wo ich selber eher "MTL bringt Licht ins Dunkel ;-)" geschrieben hätte. 
 
Am Dienstag (269km) verließen wir Tenda in nördlicher Richtung (aber 
nicht durch den Tunnel), um zunächst über Vallone dell'Arma und Colle di 
Valcavera (wegen Einzelheiten zu dieser Schotterstrecke müßtet ihr 
unseren Tourguide Roland fragen) und dann am Colle di Sampéyre den 
Abstecher Richtung Bicocca zu unternehmen. Auf der entgegengesetzten 
Abzweigung Richtung Colle Birrone herrschte dichter Nebel, der uns nach 
kurzem zur Rückkehr auf "offizielle" Straßen und letztlich zur Fahrt 
über den Col Agnel nach Guillestre veranlaßte. 
 
Am Mittwoch erreichte die zurückgelegte Entfernung mit 152 Kilometern 
ein Rekordtief. Das lag zum einen am reichlich verregneten Wetter, 
welches unsere Pausen deutlich ausdehnte, und zum anderen wieder an 
einem hohen Schotteranteil. Beim Col de Granon (Nähe Briançon) erwies 
sich die Weiterfahrt zum Tortenbunker als gesperrt (das ist früher nicht 
der Fall gewesen), und kurz vor dem Lago de 7 Colori sah es an der 
italienisch-französischen Grenze ähnlich aus. Nach einigen Abstechern 
rund um den Lago Nero und dem obligatorischen Fotoposing ging es zurück 
nach Cesana Torinese in unsere Station für 3 Tage: Hotel Morrison. 
 
Am Donnerstag (195km) hießen die beiden Höhepunkte Col de Sommeiller 
(auf den ich vor Jahren auch schon einmal meine Vmax hinaufgewuchtet 
habe und wo heute oben der Regen in Schnee überging) und Mont Jafferau. 
Dazwischen lag noch eine weitere unasphaltierte Strecke durch den Wald 
hinauf zum Colle Mulatierra. Besonders interessant gestaltete sich 
diese Auffahrt durch die vorhergegangenen ergiebigen Niederschläge, die 
die Oberfläche in einen Schmierseife nicht unähnlichen Belag umgewandelt 
haben. Dort hat Holger seine Dicke Lotte auch prompt an einer Wurzel 
abgelegt und dabei die Befestigung der hinteren Bremse zerbrochen. Am 
oberen Ende stellten wir fest, daß sich das feine Endurospray zunehmend 
in eine Fangopackung verwandelte. 
 
Vom Colle Mulatierra herunter kam direkt vor der Hauptstraße ein 
Bahnübergang, an dem zwischen den Schranken Platz für einen mittleren 
Campground gewesen wäre und sich ein riesiges Schild vernehmen ließ, man 
solle den Alarmknopf drücken, sofern man sich bei schließenden Schranken 
zur Gleisräumung außerstande sehe. Nicht überliefert ist, ob es sich 
hier um Alecs Spezial-Bahnübergang handelt ;-) 
 
Am Freitag mit ca. 229 Kilometern wollten wir nach widersprüchlichen 
Informationen über die (Nicht-)Sperrung zunächst die Abzweigung zum 
Chaberton erkunden, wo wir auf eine neuere geschlossene aber nicht 
abgesperrte Holzschranke stießen. Und das bei perfektem Endurowetter mit 
klarer Sicht bis zum Gipfel! Ein neben der Schranke Wohnhafter brachte 
uns schließlich dazu, vom Weiterfahren Abstand zu nehmen (nicht ohne 
zuvor seinen Nachwuchs zum Fotoposing auf die Enduros von anderen 
verhinderten, kurz vor uns angekommenen Gipfelstürmern zu setzen). Nach 
einer kleinen Diskussion innerhalb unserer Dreiergruppe, auf welchem 
Staatsgebiet zum einen das Gipfelfort und zum anderen die Anfahrt 
dorthin liegen und ob es Sinn gemacht hätte, eine französische Festung 
nur über Italien anfahren zu können, kam einer mit der Frage daher, 
welchen Sinn denn Krieg als solcher hätte. Das ließ sich aber sofort 
beantworten: dazu, daß Straßen gebaut werden, auf denen man sich einige 
Jahr(zehnt)e später per Mopped austoben kann ;-) 
 
Hinter dem Col du Mont Cenis nahmen wir den Abstecher zum Fort de la 
Turra, wo unterwegs ein riesiger Felsbrocken den Weg versperrte (und 
einen Jeep beim Abkürzen der Umleitung in den Graben plumpsen ließ). 
Weiter ging es mit einigen kleineren Abstechern über den Col de l'Iseran 
(mit interessanten Bauarbeiten, ein roter Heli als Betonzubringer) zum 
Col du Pt.St.Bernard. Dort fast ganz oben reizte uns ein Geländewagen, 
der aus einem Matschweg herauskam, aber leider war es nur ein kurzer 
Weideweg. Weiter ging's bis la Thuile - es war unübersehbar, daß aus dem 
eigentlichen Zielgebiet die Rückfahrt in vollem Gang war. 
 
Am Samstag gab es (nach dem Colle San Carlo) als letzte versuchte 
Schotterstrecken von Courmayeur aus noch zwei Seitentäler, die aber 
jeweils nach einigen Kilometern wegen Unwetterschäden gesperrt waren. 
Danach suchten wir (ohne Erfolg) am Montblanc-Tunnel die Pierlucio- 
Tinazzi-Gedenktafel und kamen danach über den Großen St. Bernhard wieder 
nach Martigny. Über Col de la Croix und Col du Pillon ging es noch 
gemeinsam bis kurz vor Spiez, wo wir uns am Aut*bahnbeginn "offiziell" 
trennten und uns auf den Rest des Heimwegs machten. 
 
Rolands und Holgers Heimweg (Bahnbraten in der Schweiz macht besonders 
dann Spaß, wenn ein französischer Dosentreiber die Blitze abfängt *veg*) 
ging wie schon bei der Hinfahrt bei Schaffhausen über die Grenze nach 
.de, und weiter über die B*hn nach Stuttgart. Das meiste Enduro-Fango 
wurde dabei allerdings durch den Dauerregen wieder abgespült :-( 
 
Bei mir führte die Strecke wieder am Bodensee vorbei. Dort blinkte es 
bei einsetzender Dämmerung überall am Ufer herum, was ich schließlich 
als Sturmwarnung der Stufe 1 interpretierte. Auch wenn mich ab Memmingen 
doch noch der Regen erwischt hat, war es eine schöne Tour, die nun ihren 
Abschluß fand. Die ~250 Digi-Bilder findet der geneigte Betrachter auf 
Holgers virtueller Zweitheimat http://members.tripod.de/DickeLotte :-) 
 
Bis dann, Martin (GUS#9 - http://www.martin-theodor-ludwig.de) 
 
Schick doch 'nen Brief an Holger oder an Alexandra.  
This page was last updated Oktober 08, 2001
  
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